Mädchen spielt Tennis

Machen Frauen anders Politik als Männer?

Frauen sind in der Politik unterrepräsentiert, der politische Betrieb wird oft als „männliche Branche“ beschrieben. Dies wirft die Frage auf, ob sich Frauen als Gegenentwurf in der politischen Sphäre anders verhalten: Machen Frauen anders Politik als Männer?

Cerstin Richter-Kotowski (CDU), die erste weibliche Bezirksbürgermeisterin von Berlin Steglitz-Zehlendorf, sagt hierzu im Jahr 2016: „Frauen machen anders Politik als Männer. Sie haben eine andere Herangehensweise. Zuhören, Kompromisse suchen und auch Kompromisse eingehen.“

Was sie sagt, hört sich intuitiv richtig an, spricht es doch die Stereotype in unserem Kopf an: Frauen können besser auf ihr Gegenüber eingehen, Frauen hören zu und preschen nicht vor. Doch stimmt dies mit der politischen Realität überein?

Wissenschaft gespalten

Die französischen Politikwissenschaftlerinnen Alexandra Feddersen und Anouk Lloren haben sich wissenschaftlich mit der Frage beschäftigt und kommen zu interessanten Ergebnissen. Es sind zwei Theorieansätze zu unterscheiden. So wird einerseits argumentiert, dass sich Frauen und Männer gleich verhalten, weil sie den gleichen Regeln unterworfen sind. Politik als konfliktgeladenes Gebiet entwickelt ganze eigenen Muster, denen somit alle gleichermaßen erlegen sind.

Andererseits wird davon ausgegangen, dass Frauen eine andere gesellschaftliche Rolle einnehmen als Männer und sich dies auf ihre Politik auswirkt. Die Sozialisation als Frau halte andere Erfahrungen bereit und dies könne sich auf die Sichtweise auf gesellschaftliche Probleme und passende Lösungsansätze auswirken. Dies bedeutet aber nicht, dass Frauen als eine homogene Gruppe verstanden werden können. So zeigt sich beispielsweise bei gewissen politischen Abstimmungen ein Gender-Gap, während dieser bei anderen Vorlagen ausbleibt, selbst wenn es um ähnliche Themen geht.

Keine spezifisch weiblichen Themen und Verhaltensweisen

Empirische Studien zur Frage, für welche Themen sich Frauen und Männer besonders engagieren, kommen zu unterschiedlichen Resultaten. Arbeiten aus den USA zeigen, dass bei allen Geschlechtern das Thema Wirtschaft an oberster Stelle steht. Andere Studien zeigen allerdings auch, dass Politikerinnen öfter das Thema Gleichstellung als Kernthema bearbeiten. Meist erweist sich allerdings der Parteiunterschied viel wichtiger als Geschlechterunterschiede. Ideologisch verorten sich Frauen – Wählerinnen wie Politikerinnen – generell weiter links als Männer.

Auf dem etablierten politischen Parkett zeigt sich ein differenziertes Bild: Frauen greifen ihre Kontrahent*innen in politischen Kampagnen genauso häufig an und sorgen in Parlamenten nicht unbedingt für mehr Konsens.

Erlernte Verhaltensweisen prägen den politischen Betrieb

Die amerikanische Politikwissenschaftlerin Jennifer Lawless zitiert US-amerikanische Studien, die zeigen, dass Politikerinnen auf bundesstaatlicher Ebene kooperativer sind als ihre männlichen Kollegen. Sie haben mehr Interesse daran, Koalitionen einzugehen und sich Verbündete zu suchen. Vergleichbare Empirie auf nationaler Ebene konnte jedoch solche Unterschiede nicht nachweisen.

Lawless zieht aus den aufgeführten Studien folgenden Schluss: Politiker und Politikerinnen, die es in die höchsten Ebenen der Politik schaffen, sind sich untereinander ähnlicher, als Frauen oder Männer untereinander.

Interessant ist dabei auch die Rolle, die kompetitiver Sport spielt. Frauen, die wettbewerbsorientierten Sport betreiben, kandidieren häufiger für politische Ämter, stellt Lawless in ihren Studien fest. Menschen die sich auch gerne im nicht-politischen Bereich mit anderen messen, sind auf den politischen Wettstreit besser vorbereitet.

Hier wird also sehr deutlich welche bedeutende Rolle unseren erlernten Verhaltensweisen zukommt.

Der Unterschied liegt im Detail

In der Gesamtschau zeigt sich ein differenziertes Bild. Deutlich wird, dass es durchaus Unterschiede zwischen den Geschlechtern im „Politik machen“ gibt, auch wenn das Eingangszitat wissenschaftlich so nicht belegt werden kann. Sozialisation, erlernte Verhaltensweisen und graduelle Unterschiede prägen die Eigenschaften von Männern und Frauen im politischen Betrieb und die Politik-Kaste in sich, verbindet offensichtlich mehr als dass sie trennt.

So verwundert es jedoch noch mehr, dass Politikerinnen oft mit ganz anderen Maßstäben gemessen und wahrgenommen werden, als ihr männlichen Kollegen. Was hier dahinter steckt, werden wir im nächsten Blog-Beitrag betrachten.